Next Generation Sequencing (NGS)

Die Anzahl der molekularen Marker in malignen Erkrankungen mit diagnostischer und prognostischer Relevanz hat in den letzten Jahren rasant zugenommen. Diese Marker können beispielsweise zur Abschätzung der Wirksamkeit von zielgerichteten Therapien oder bei Differentialdiagnosen von schwer diagnostizierbaren Erkrankungen genutzt werden. Allerdings ist die Analyse einer immer größer werdenden Zahl an Markern arbeitsaufwendig und teuer, da mit klassischen Methoden wie z.B. der Sanger Sequenzierung nur eine begrenzte Anzahl Proben parallel sequenziert werden kann.

Das Next Generation Sequencing (NGS), ein Hochdurchsatzsequenzierungsverfahren, ermöglicht hingegen die parallele Sequenzierung von bis zu einigen hundert Genen. Dafür nutzen wir je nach klinischer Fragestellung zwei unterschiedliche, höchst moderne und hoch sensitive Methoden: die Amplikon*-basierte Technologie zum Nachweis von Punktmutationen, kleinen Insertionen und Deletionen, sowie die Hybrid-Capture-Technologie, mit der zusätzlich Translokationen und Kopienzahlveränderungen nachgewiesen werden können. Zudem kann mit dieser weiterentwickelten Technologie in Gewebeproben auf Tumormutationslast (TMB)* und Mikrosatelliteninstabilität (MSI)* untersucht werden. Diese Technologie ermöglicht somit eine umfassende molekulargenetische Analyse anhand einer DNA-Probe, so dass die Untersuchung an der relativ instabilen RNA sowie die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) somit deutlich seltener angewendet werden.

Die genannten NGS-Methoden unterscheiden sich in der Anreicherung der relevanten Genbereiche. Während im Amplikon-basierten Verfahren die über Primer festgelegten zu untersuchenden Zielsequenzen mittels PCR vervielfältigt werden („Target Enrichment“), werden bei der Hybrid-Capture-Methode die zu untersuchenden Gene durch komplementäre Bindung an Sonden angereichert und erst anschließend klonal amplifiziert. Auf diese Weise können auch große intronische Genbereiche aus dem Patientengenom „herausgefischt“ werden, so dass u.a. der Nachweis von Genfusion mit sogar bisher unbekannten Fusionspartnern möglich ist.

Nach Anreicherung der zuvor mit patientenspezifischen Barcodes versehenen Genbereiche, schließt sich für beide Methoden die parallele Hochdurchsatzsequenzierung mittels Illumina®-Technologie an. Dazu binden die DNA-Stücke mit spezifischen Adaptoren kovalent an eine Glasoberfläche (Flow cell), auf der sie mittels Bridge amplification klonal vervielfältigt werden und so genannte Cluster bilden. Diese werden anschließend parallel über den Einbau fluoreszenzmarkierter dNTPs nach der Sequencing by Synthesis* Methode sequenziert. Die generierten Sequenzen (mehrere Hundert bis mehrere Tausend) werden dann in einem komplexen bioinformatischen Prozess ausgewertet und anschließend analysiert. Große Sequenziertiefe ermöglicht es, Mutationen mit sehr niedriger Allelfrequenz und hoher Sensitivität zuverlässig zu detektieren (je nach Methodik 5 bis 0,1 % Mutationslast). Damit ist es möglich, beispielsweise Subklone mit spezifischen Mutationen zu identifizieren oder Proben mit geringem Tumoranteil analysieren zu können.

Dieses umfangreiche Mutations-Screening ist für die Primärdiagnostik, Verlaufskontrollen anhand klonaler Marker sowie Rezidiv- und Resistenzbestimmungen geeignet. Für die von uns angebotenen, in unserem Leistungskatalog einzusehenden Multigen-Panels, können je nach Entität Gewebeproben, Blut, Beckenkammtrepanate und liquid biopsies* eingesetzt werden.

*Erläuterungen

Amplikon
Der Begriff Amplikon bezeichnet ein durch eine Polymerase-Kettenreaktion vervielfältigtes DNA-Fragment definierter Länge.

Tumormutationslast
Als Tumormutationslast (tumor mutational burden, TMB) ist die Anzahl somatischer, tumor-spezifischer Mutationen in einem genetischen, exonischen Territorium von 1 Mb definiert.

Mikrosatelliteninstabilität
Als Mikrosatelliten bezeichnet man kurze DNA-Abschnitte mit einfachen Wiederholungsmustern. Während der Zellteilung auftretende Fehler innerhalb dieser Abschnitte werden normalerweise vom Reparatursystem korrigiert. Läuft diese Korrektur nicht intakt ab, so entstehen Mikrosatelliten unterschiedlicher Längen und man spricht von Mikrosatelliteninstabilität (MSI).

Intronisch
Als intronisch werden die nicht kodierenden Bereiche der DNA innerhalb eines Gens bezeichnet, die exonische Bereiche (kodierende Abschnitte), voneinander trennen.

Sequencing by Synthesis
Dieser Begriff bezeichnet eine Sequenziertechnik, bei der in jedem Sequenzierzyklus genau ein fluoreszenzmarkiertes Nukleotid komplementär zur Template-DNA eingebaut wird, das in Echtzeit detektiert wird.

Liquid biopsy
Eine liquid biopsy (Flüssigbiopsie) bezeichnet eine gesondert fixierte Blutprobe zum Nachweis zellfreier, zirkulierender Tumor-DNA.

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